Das Informel

1951 führt der Kunstkritiker Michel Tapié den Begriff art informel anlässlich einer Ausstellung im Pariser Studio Facchetti erstmals ein und versucht damit, verschiedene abstrakte Strömungen der Nachkriegskunst wie Tachismus und Lyrische Abstraktion zusammenzufassen. Im Gegensatz zu anderen kunsthistorischen Begriffen benennt das Informel keinen einheitlichen Stil, sondern eine künstlerische Haltung, die sich anders als die geometrische Abstraktion gegen klassische Form- und Kompositionsprinzipien wendet. Durch die Befreiung der Farbe aus den Fesseln einer vorgegebenen Form und durch die Öffnung des Bildes für spontane, gestisch eruptive Aktionen überwindet es den traditionellen Bildbegriff. Der Künstler komponiert nicht mehr auf ein vorher geplantes Ergebnis hin. Stattdessen lässt er dynamische Prozesse anschaulich werden: Er fixiert den Malakt selbst im Moment höchster Konzentration als Bewegungsspur im Bild oder aber thematisiert Farbe als Material, um sie dabei aus allen form- und gegenstandsgebundenen Bezügen freizusetzen.

Erste Aufmerksamkeit findet die informelle Malerei in Deutschland mit der Quadriga-Ausstellung 1952 in der Zimmergalerie Franck in Frankfurt am Main, die Arbeiten von K. O. Götz,
Otto Greis, Heinz Kreutz und Bernard Schultze zeigt. Aber auch andere Künstlergruppen, wie der junge westen in Recklinghausen, ZEN 49 in München oder die Gruppe 53 in Düsseldorf wenden sich verstärkt einer Unmittelbarkeit und Authentizität fordernden Malerei zu, die Geste und körperliche Direktheit betont und Mitte der 1950er Jahre ihren Höhepunkt erreicht. Als bitteren Einschnitt empfinden die meisten informell arbeitenden Künstler die 1959 in Kassel gezeigte documenta II. Zunächst als Apotheose des europäischen Informel geplant, präsentiert man dessen wichtigste Vertreter schließlich auf dem Dachboden des Fridericianums und beugt sich so dem Ansturm der großformatigen amerikanischen Malerei, die fortan Kunst und Kunsthandel beherrscht. Rückblickend muss das Informel dennoch als eine der originärsten Leistungen der Nachkriegskunst betrachtet werden. Aus heutiger Sicht markiert es die Schnittstelle zwischen Moderne und Postmoderne und wirkt bis in die Kunst der Gegenwart nach.

Hans-Jürgen Schwalm
  
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Links zu Museen und Institutionen mit informellem Sammlungs- und Themenschwerpunkt:
  
www.museum-hurrle.de
Das noch ganz junge Museum Hurrle im Dreiländereck zwischen Basel, Mannheim und Strasbourg besitzt eine umfangreiche Sammlung informeller Kunst. Neben den Wechselausstellungen mit zeitgenössischer und moderner Kunst sind in der Dauerausstellung immer auch informelle Werke zu sehen.